Freiheit und Zwang

Freiwilligkeit statt Zwang
Flügel, die das Denken verleiht

„Du musst!“ gerade die ältere Generation hörte diesen Imperativ oft und unwillig. Denn- zu müssen- bedeutet, gezwungen zu werden. Gezwungen zu werden heißt auch: Nicht wollen.

Viel öfter posaunen wir uns aber dieses „Du musst“ selber in die Ohren. Es lohnt sich durchaus, eine Liste dessen, was wir nur widerwillig ausführen, anzulegen.

Wir hören aber auch auf  Stimmen, die uns verlocken, bis wir ihnen immer öfter nachgeben und dem, was sie uns anbieten und versprechen, kaum noch widerstehen können: Schnelles Glück, Bequemlichkeit, Zufriedenheit- es reicht, zum Glas zu greifen, zur Zigarette, zum Kaffee, oder zur EC-Karte- und schon rauschen Endorphine durch Körper und Gehirn. Versickert deren Fluss, findet man sich in einer staubtrockenen, unwirtlichen Wirklichkeit wieder und giert nach mehr von dem Stoff, der die Welt in mildes Licht taucht.

Dieses Szenario kann sich völlig unterschiedlich ausbreiten, von wenigen Minuten beim abendlichen Absacker, bis zur 24-Stunden- Blase, wenn Abhängigkeit  das ganze Leben beherrscht.

Abhängigkeit kann nicht durch Zwang geheilt werden. Abhängigkeit verweist auf Bedürfnisse, die erfüllt werden wollen, und die den Ruf des Lebens ausdrücken.

Der Benediktinermönch David Steindl-Rast macht auf eine leise Stimme im Gefecht von Zwang und Sucht aufmerksam: Die Stimme des Herzens.

Doch gerade Menschen, die sehr oft: “Du musst!” gehört haben, schlägt das Herz mitunter bis zum Hals, oder droht zu zerspringen, wenn sie beginnen, auf ihre Bedürfnisse zu hören. Angst und Lust scheinen sich zu vermischen, begleitet vom Bruder dieses “Du musst!” dem “Du darfst nicht!”

Das Herz braucht einen Raum, in dem es  frei und geschützt sprechen kann: “Ich will”

Diesen Raum gewährt die Dankbarkeit.

Denkend können wir dort in aller Ruhe erkennen, was uns geschenkt wurde und wird, was nicht gemacht ist, von niemand. Wir erkennen auch, dass wir von diesen Geschenken des Lebens abhängen, und sie sich zudem ständig zu wandeln scheinen. Es ist nicht einfach, für etwas dankbar zu sein, das nicht festgehalten werden kann, obwohl es lebensnotwendig ist. Erst wenn wir lernen, zu vertrauen, dass das Leben selbst für uns sorgt, können wir in das Leben einwilligen und Frieden fühlen.

Dann müssen wir die Geschenke des Lebens nicht an uns raffen, und horten, sie auch nicht von uns weisen- mit ihnen zu spielen, sie zu genießen- wäre eine Möglichkeit.

Das Herz benötigt, um sich seiner bewusst zu werden, einen ganz konkreten Raum.

An einem Platz in der Wohnung- zu einer Zeit- in der man nicht gestört werden, kann man sich in aller Ruhe und regelmäßig darüber Gedanken machen, wofür man wirklich dankbar ist. Oder, was man braucht, um dankbar sein zu können. Oder, was einem aufgezwungen wurde, das man gern aus dem Leben entfernen möchte.