„Was bei drei nicht auf dem Baum ist,….ich muss diese Sentenz nicht beenden, Sie kennen ihre Fortführung. Dahinter steht allerdings ein evolutionär entstandene Muster- Wer seine Gene weiter geben will, sollte fit sein.
Es sieht für manche so aus, als zwinge uns die Evolution zu Verhaltensweisen, denen wir nicht entkommen können: In den verlockenden Hamburger beißen, obwohl man satt ist. Sich nach Beinen unter kurzen Röcken umdrehen, auch, wenn die eigene Frau den Kinderwagen nebenher schiebt. Die Kollegen im Stich lassen, wenn die Karriereleiter unverhofft am Horizont auftaucht.
„Sie haben die Freiheit, zu wählen!“ so die Aussage einiger Psychologen. Stimmt, man kann auch bis vier zählen-
Freiheit kann mehr sein als Wahlfreiheit-
Die Fähigkeit, zu denken, schenkt die Freiheit, sich nicht treiben zu lassen.
„Sapere aude!“ rief der Philosoph Kant seinen Zeitgenossen zu, und wir dürfen den Nachhall seiner Stimme hören. Erstaunlicherweise, denn Kant lebte vor mehr als 200 Jahren in Königsberg.
Also, räumlich und zeitlich weiter weg als der „Hamburger“ mit lascher Gurke im pappigen Weißmehlprodukt.
Lesen und nachdenken, sind diese Kompetenzen nicht auch evolutionär entstanden?
Wissenschaftler wie der Verhaltensforscher Michael Tomasello beschreiben, wie die kognitiven und moralischen Fähigkeiten, die den homo sapiens ausmachen, aus der urmenschlichen Fähigkeit zur Kooperation erwachsen sind.
Unsere Vorfahren mussten sich gegenseitig auf Ressourcen und Gefahren aufmerksam machen, sich vertrauen und sich verstehen, wenn sie überleben wollten. Während noch die nächsten „Verwandten“ auf dem Baum der Evolution auf reinen Wettbewerb als Überlebensstrategie setzen.
Diese innerhalb der kompletten Biologie einzigartige Kompetenz zur Kooperation ist die Grundlage moderner Zivilisation- die aus ihr erwachsenen Verhaltensweisen nannten schon die antiken Philosophen „Tugenden“. Tugenden taugen dazu, das Überleben der Gattung Mensch zu sichern. Tugenden, wohlgemerkt, nicht Wettbewerb.
Freiheit ist die Freiheit zur Tugend. Nicht nur, zwischen Apfel und Birne zu wählen, sondern Äpfel so zu kultivieren, dass auch unsere Nachkommen von ihnen profitieren. Birnen so zu verkaufen, dass Produzent und Konsument zufrieden sind.
Das Narrativ von der Unabdingbarkeit des Wettbewerbs wird von denen genährt, die daran verdienen- diese „Gewinner“ sind nicht die fittesten im Universum, oft nur die Skrupellosesten.
Darf man den bisher gültigen Gesetzen der Evolution glauben, werden- vielleicht nicht mehr in unserem Jahrhundert- die sozial Kompetenten überleben.
An Kathedralen, diesen Zeugnissen kirchlicher Dominanz und Inbegriffen der Missachtung der Natur, arbeiteten meist Generationen von Menschen.
In Bezug auf globale Gerechtigkeit werden ebenso viele tätig werden müssen, und so wie jede Kathedrale beginnt mit der Grundsteinlegung begann, beginnt Menschlichkeit mit Tugenden. Mit der Fähigkeit, die Erde als einen Ort zu sehen, von dessen Ressourcen wir abhängig sind, und nicht von der Höhe von Wolkenkratzern, dem Tempo irgendwelcher Rennboliden oder den Politikern, die unsere niedrigsten Instinkte bedienen.
Das, was Leben auf der Erde über Raum und Zeit hinaus ermöglicht, nannten die alten Philosophen Substanz.
Tugenden, und die Freiheit, tugendhaft zu leben, bilden Substanz.
Übrigens- dass wir den Begriff “Freiheit” überhaupt denken können, verdanken wir anderen! Und nicht den eigenen Ellbogen.