Die zweite Tafel der 10 Gebote
Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren. Luther definiert diese Ehre als eine Mischung aus Ehrfurcht und Liebe, weil sie ihre Kinder mit allem, was diese brauchen, leiblich und seelisch versorgen. Einer Furcht ohne Liebe erteilt er eine klare Absage, denn dies ist die Furcht, wie man sie vor dem Henker hat. Mit Hieronymus: „Was wir fürchten, das hassen wir auch!“
In der Erziehung spricht Luther vom Brechen des kindlichen Willens, was sicher nur so zu verstehen ist, das man nicht jedem Einfall nachgibt. Denn ohne begleitende Gnade ist auch eine strenge Erziehung hohl.
Zu Luthers Zeit war es gang und gäbe, dass Kinder zu Waisen wurden, die dann von Verwandten aufgenommen und erzogen wurden. Für dieses Verhältnis gilt dann das gleiche wie für das zwischen leiblichen Eltern und Kindern.
Luther warnt davor, Kinder zu Abhängigkeiten von äußeren Dingen und Einflüssen zu erziehen. Dazu gehört auch die Erziehung zur weltlichen Karriere.
Erziehen die Eltern ihre Kinder weltlich, so ist das der einzige Grund, weswegen diese den Gehorsam verweigern dürfen- das wird aber in jungen Jahren nicht möglich sein. Ist sich ein Kind des elterlichen Fehlverhaltens bewusst, kann es immer noch nach außen gehorchen und inwendig sich distanzieren. Heute würden wir dies nicht mehr unterschreiben, weil es Kinder vor eine unerträgliche Zerreißprobe stellt.
Luther ermahnt Eltern, dass Kindererziehung eine Aufgabe mit hoher Verantwortung ist. Sie spiegeln die elterliche Reife und müssen gleichzeitig versorgt werden- das fordert. Wir würden heute sagen, Luther beschreibt Kindererziehung als Fulltime-Job, der noch dazu zur eigenen Reifung beiträgt.
Falsche Erziehung rächt sich dann früher oder später an den Eltern.
Luther dehnt die Ehrfurcht vor den Eltern auf die vor der geistlichen Mutter, der Kirche aus, nicht ohne zu betonen, wie verderbt und unfähig diese zu seiner Zeit daherkommt. Insbesondere die Praxis, Pfründen zu vergeben, die nicht mit Seelsorge verbunden sind, prangert er an. „Geistlicher Obrigkeit haben wir viel, aber geistlicher Regierung nichts oder gar wenig.“
Luther warnt auch und gerade vor den gesellschaftlichen Folgen einer Führungsschwäche der Obrigkeit, auch der weltlichen. Die Kurie vergleicht Luther ziemlich drastisch mit Huren und Zuhältern, weil sie Amtsmissbrauch treibt und gleichzeitig die Gläubigen an der Nase herum führt. er schreckt auch nicht davor zurück, unbediente Kirchen der Verwüstung anzuempfehlen, was dann später auch tatsächlich zu Ausschreitungen geführt hat.
Von Konzilien hält Luther gar nichts, weil sie nichts Neues bringen und den weltlichen Arm schwächen. nur von diesem erhofft Luther sich noch eine Korrektur kirchlichen Treibens.
Schließlich fordert Luther auch, der weltlichen Obrigkeit zu gehorchen. Deren Ungerechtigkeit sieht er auch, aber Unrecht leiden ist besser als Unrecht tun. denn weltliche Gewalt sei weniger schädlich als geistliche. Wo aber die Obrigkeit gotteslästerliche Tun von ihren Untertanen verlangt, haben diese die Pflicht zur Gehorsamsverweigerung: Man muss gott mehr gehorchen als den Menschen
Untüchtige Regenten vergleicht er mit den biblischen Plagen, noch vor Pest, Teuerung und Krieg.
Zudem machen schlechte Zeiten fromme Leute, Krieg und böse Herrschaft zerstören alles zeitliche und ewige Gut. Mit Octavian: „Krieg zu führen gleicht dem Fischen mit einem goldenen Netz, mit dem man eben viel weniger fängt als man zu verlieren riskiert.“
Luther prangert die Nachlässigkeit der weltlichen Obrigkeit gegenüber Sauf und Fressgelagen, den überschwänglichen Kleidungskosten und dem Zinskauf an. „Das sind die drei Juden, die die ganze Welt aussaugen“.
Neben der kirchlichen Praxis, den Menschen den letzten Heller abzuknöpfen, empört sich Luther über die öffentlichen Freudenhäuser.
Schließlich soll auch das Gesinde gehorsam sein, die Herren aber gnädig auch mal ein Auge zudrücken.
Und schließlich hat auch die Frau dem Mann zu gehorchen , sofern der seine Macht nicht missbraucht.
Unter den Begriffen: gehorsam und Sorgfältigkeit lässt sich das vierte Gebot kurz und bündig zusammen fassen.
Wenn nun die ersten vier Gebote sich an die Vernunft wenden, die die nötigen Hierarchien angeraten sein lässt, so die übrigen an die Begierden.
„Du sollst nicht töten!“
Um diesem Gebot nachzukommen, ist ein sanftes Gemüt nötig. Nicht von der Art, dass man nur Ruhe gibt, wenn man dominieren kann, sondern derart, dass man seinen Feinden vergibt und nichts nachträgt. Regt man sich über andere auf, so kann man dies als Indiz dafür werten, wieviel Zorn noch in einem selbst stecken.
Mt 5,44: Tut wohl denen, die euch Leid tun; bittet für eure Verfolger und Lästerer.
Zorn, niederträchtige Gedanken und Schimpfworte ziehen die eigene Verurteilung sowie das ewige Feuer nach sich.
Sanftmut heißt auch, das angetane Unrecht stoisch zu ertragen, aber für seinen Nächsten einzutreten.
Jede sanftmütige Haltung ist nur möglich im Glauben.
Du sollst nicht ehebrechen!
Keuschheit ist erstrebenswert, aber nur bis zu dem Grad, dass sie den Körper nicht schädigt. Junge Menschen sollten daher früh heiraten. der Unkeuschheit ist am ehesten mit Arbeiten und Fasten beizukommen.
Die Keuschheit bedarf eines starken Glaubens, umso eher lässt sie sich verwirklichen.
Johannesbrief: „Ihr bedürft nicht, dass euch jemand lehre, denn eine göttliche Salbe, das ist der Geist Gottes, lehret euch alle Dinge“.
Der Unkeuschheit nachgeben heißt, seiner Seele zu schaden. Ihr aber nachzugeben, heißt,, sie nur noch mehr anzustacheln, ein Feuer am Lodern halten.
„Du sollst nicht stehlen!“
Dahinter steht die Tugend der “Mildigkeit”.
Geiz, Wucher, falsches Maß sind Diebstahl-zeitlich begrenzter Güter
Es würde schon reichen, wenn sich die Leute der goldenen Regel bewusster wären.
Geiz, der das Leben mit Sorgen um zeitliche Nahrung und unredlichem Gesuch so gar überlädt, bestrickt und gefangen hält, führt zu einem elenden und gefährlichen Leben.
Ohne Geiz zu leben ermöglicht Wunder.
„Der Gläubige habe Acht auf sich selbst und sehe zu, dass er dem Gold nicht nachlaufe und setze seine Zuversicht nicht aufs Geld, sondern lasse das Gold ihm nachlaufen und das Geld seiner Gnade warten, und lasse in der keines lieben, noch sein Herz daran kleben.“
Das ist keine Absage an die Arbeit, weil die zum irdischen Leben(Adam) dazu gehört, aber die Sorge möge man weg lassen.
Sich ganz auf Gott verlassen kann nur der Gläubige.
Des Geizes Ursache ist Mißtrauen, der Mildigkeit Ursache aber der Glaube. Mildigkeit erstreckt sich aber auch auf seine Feinde. Dem Bedürftigen nichts zu geben heißt, ihn zu bestehlen.
Dem Berufsbetteln dagegen hat der Staat einen Riegel vorzuschieben.
Du sollst nicht falsch Zeugnis geben wider deinen Nächsten
Die Wahrheit sagen- der Lüge widersprechen- und zwar überall, das ist der Sinn dieses Gebotes. Dazu gehört auch, dass man sich nicht bestechen lässt.
Psalm 82: „Erlöset den Armen von der Gewalt des Unrechten und dem Verlassenen helft seine Sache behalten!“ denn die Starken können dem gemeinen Mann schwer zusetzen.
Sollte aber dem Evangelium wieder Geltung verschafft werden, so wird es zum Tumult kommen. Auch Jesus wurde schlimmer verfolgt als alle vor ihm.
Bei der Wahrheit bleiben kann auch nur der Gläubige, so wie bei allen anderen Geboten auch.
Die letzten zwei Gebote schließlich bleiben nur Wegweiser bis in den Tod, erfüllbar sind sie aufgrund der Erbsünde nicht.